FAQ Abmahnungen
Die Abmahnwelle rollt:
Seit den letzten Jahren rollt eine regelrechte Abmahnwelle durch das Internet. Es werden nicht nur Gewerbetreibende für Impressumverstöße, wegen falscher Widerrufsbelehrungen oder wegen Verstößen gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb oder aufgrund von Markenrechtsverletzungen abgemahnt. Auch Fotoagenturen lassen – mittlerweile voll automatisch – das Internet auf Verstöße gegen das Urheberrecht durchsuchen.
Auch Verbraucher sind verstärkt in den Fokus der Medienindustrie geraten, welche mit tausenden Abmahnungen jährlich gegen Verstöße gegen das Urheberrecht durch Nutzer von Musik- und Filmtauschbörsen wie emule und Bittorrent im Internet zu Felde zieht.
Der Erhalt einer Abmahnung durch einen Rechtsanwalt löst regelmäßig einen „Schockzustand“ bei den Betroffenen aus. Man sollte jedoch nicht in Panik verfallen, auch wenn Abmahnungen mit Juristensprache, Paragrafen und verschiedenen – meist sehr hohen Geldbeträgen – zunächst Verwirrung stiften.
1. Was sind Abmahnungen
Abmahnungen sind das Angebot, eine rechtswidrige Handlung sofort zu unterlassen und einen möglichen Streit außergerichtlich beizulegen und damit – rein rechtlich – eine „Wohltat“ für den Abgemahnten. Ein teures Gerichtsverfahren soll durch die Abmahnung vermieden werden. Teuer deshalb, weil sich Anwalts- und Gerichtskosten üblicherweise nach dem Gegenstandswert richten. Wenn man sich um 1.000,00 € streitet, ist dies erheblich günstiger als ein Streit über 50.000,00 €. Bei Abmahnungen wird der Gegenstandswert an der rechtswidrigen Handlung bemessen, die vom Abgemahnten unterlassen werden soll. Der Gegenstandswert wird daher zunächst vom Verletzten anhand seines konkreten Interesses geschätzt.
Bei Tauschbörsenabmahnungen wird beispielsweise regelmäßig die rechtswidrige weltweite Verbreitung (öffentliche Zugänglichmachung gem. § 19 a UrhG) von geschützten Werken abgemahnt. Der Verletzte hat damit ein hohes wirtschaftliches Interesse, die Verbreitung seiner Werke zu unterbinden.
Dies geschieht, indem sich der Abgemahnte verbindlich verpflichtet, zukünftig die entsprechenden Werke nicht mehr zu verbreiten. Hierzu ist meist eine vorformulierte Unterlassungserklärung der Abmahnung beigefügt. Diese enthält eine Vertragsstrafe, welche entweder der Höhe nach konkret beziffert ist (meist 5.000,00 € bis 10.000,00 €) oder aber eine unbestimmte angemessene Vertragsstrafe, die vom Verletzten der Höhe nach festgesetzt wird. Diese Vertragsstrafe ist dann zu zahlen, wenn zukünftig die beanstandete rechtswidrige Handlung wiederholt wird. Gibt der Abgemahnte eine Unterlassungserklärung ab, die eine angemessene Vertragsstrafe enthält und die konkret vorgeworfene rechtswidrige Handlung benennt, entfällt die Wiederholungsgefahr. Der Verletzte kann dann davon ausgehen, dass die Handlung zukünftig unterlassen wird. Im Wiederholungsfalle wäre sonst die Vertragsstrafe sofort fällig.
Üblicherweise wird in einer Abmahnung zuletzt noch eine Zahlung gefordert: In der Regel die Kosten des Anwalts, der die Abmahnung verschickt hat und meist ein Schadensersatzbetrag. Häufig ist die Zahlungsforderung als pauschales „Vergleichsangebot“ in der Abmahnung enthalten.
2. Woraus bestehen Abmahnungen
Abmahnungen bestehen also aus mehreren Teilen:
Der Benennung einer rechtswidrigen Handlung,
der Aufforderung, diese Handlung zukünftig zu unterlassen,
dem Angebot, sich zu verpflichten, bei künftigen Zuwiderhandlungen eine Vertragsstrafe – die regelmäßig über 5.000 € liegen dürfte - zu zahlen, um für die Zukunft die Wiederholungsgefahr auszuräumen und
einer Kosten- und Schadensersatzforderung oder eines Auskunftsanspruches.
3. Was gilt es nach Erhalt einer Abmahnung zu beachten?
Abmahnungen sollten nicht ignoriert werden, egal ob sie als Einschreiben, mit der gewöhnlichen Post, per Telefax oder per Email zugehen. Nach der Meinung einiger Gerichte genügt eine als Email versandte Abmahnung selbst dann, wenn die Email beim Empfänger im „Spam-Ordner“ landet und nicht zur Kenntnis genommen wird. Erst recht müssen Abmahnungen nicht per Einschreiben versandt werden.
Bekommt man eine Abmahnung, sind zunächst die in der Abmahnung enthaltenen Fristen zu suchen – und am besten gleich zu notieren. Üblicherweise enthält eine Abmahnung zwei Fristen:
- Abgabe der Unterlassungserklärung und
- Zahlung.
Die Fristen sind meist sehr knapp gehalten. Dies ist zulässig, da eine rechtswidrige Handlung unterlassen werden soll. Für einen durch eine rechtswidrige Handlung Beeinträchtigten ist es schwerlich hinnehmbar, wenn die rechtswidrige Handlung länger andauert und dadurch gegebenenfalls weiterer Schaden entsteht. Oder – hoffentlich leicht verständlich: Wenn Ihr Nachbar in Ihrer Auffahrt parkt und Sie nicht aus der Garage kommen, werden Sie ihm auch sagen: „Fahr' das Auto sofort weg!“, vielleicht auch: „Fahr' das Auto bis um 12:00 Uhr da weg!“ aber vermutlich nicht: „Fahr' das Auto in 4 Wochen mal weg!“
4. Was passiert, wenn die Fristen verstreichen?
- Die Einstweilige Verfügung
Wenn die Fristen unbeachtet verstreichen, kann der Verletzte tätig werden und eine einstweilige Verfügung erwirken. Eine einstweilige Verfügung ist ein gerichtliches Schnellverfahren, in dem ein rechtlicher Zustand vorläufig gesichert wird. Demjenigen, der rechtswidrige Handlungen begeht, wird vom Gericht aufgegeben werden, diese rechtswidrige Handlungen zukünftig zu unterlassen. Damit die rechtswidrige Handlung auch unterlassen wird, setzt das Gericht Ordnungsmittel fest. Üblicherweise ist danach bei weiteren Verstößen ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 € zu zahlen, ersatzweise bis zu 6 Monaten Haft.
Da es sich um ein Schnellverfahren handelt, wird derjenige, welcher die rechtswidrige Handlung begangen hat, gar nicht angehört. Es reicht den Gerichten für den Erlass einer einstweiligen Verfügung aus, wenn glaubhaft gemacht wird, dass eine rechtswidrige Handlung und Dringlichkeit vorliegt. Es muss also kein „Vollbeweis“ geführt werden. Die Kosten der einstweiligen Verfügung richten sich nach dem Unterlassungsstreitwert. Damit können durch eine einstweilige Verfügung Anwalts- und Gerichtskosten entstehen, die schnell eine mittlere vierstellige Summe haben. Zur Vermeidung einer Einstweiligen Verfügung sollte daher fristgerecht reagiert werden.
5. Vorgehensweisen gegen eine (berechtigte) Abmahnung
Zunächst ist zu prüfen, ob eine Abmahnung berechtigt oder unberechtigt ist, also ob die behauptete rechtswidrige Handlung stattgefunden hat und die Abmahnung nicht rechtsmissbräuchlich ist. Stimmt der Vorwurf, ist die rechtswidrige Handlung zunächst sofort abzustellen.
Wenn die rechtswidrige Handlung zutrifft gibt es vier Handlungsalternativen:
a) Es wird die beigefügte Unterlassungserklärung abgegeben und die geforderte Summe gezahlt.
Die beigefügte Unterlassungserklärung sollte jedoch nicht voreilig unterzeichnet werden. Mit Unterzeichnung einer Unterlassungserklärung binden sie sich vertraglich an den Abmahnenden. Es liegt im Interesse des Abmahnenden, den Abgemahnten möglichst weitreichend zu verpflichten. Demgegenüber hat ein Abgemahnter das Interesse, sich zum Schutz von Vertragsstrafen möglichst wenig zu verpflichten. Unterlassungserklärungen sollten daher möglichst eng an der konkret vorgeworfenen Handlung gefasst sein, um spätere Verwirkungen der Vertragsstrafe zu vermeiden. Auch sollte geprüft werden – sofern eine Vertragsstrafe der Höhe nach benannt ist – ob diese gerechtfertigt ist. Regelmäßig beinhalten die einer Abmahnung beigefügten Unterlassungserklärungen ein Schuldeingeständnis und die Verpflichtung, den geforderten Betrag zu zahlen. Nach Abgabe einer beigefügten Unterlassungserklärung kann sich der Abgemahnte der geforderten Zahlung daher meist nicht entziehen.
b) Die Unterlassungserklärung wird abgeändert „modifiziert“, der geforderte Betrag wird bezahlt.
Sofern die Unterlassungserklärung zu weit gefasst ist oder eine konkrete Höhe der Vertragsstrafe enthält, kann die Unterlassungserklärung abgeändert werden. Gleiches gilt, wenn möglicherweise weitere Abmahnungen drohen. Die Unterlassungserklärung könnte dann weiter gefasst werden, um Folge- und Mehrfachabmahnungen zu vermeiden. Eine eigenmächtige Abänderung ist jedoch für Laien nicht ratsam. Genügt die Unterlassungserklärung nicht den gesetzlichen Anforderungen, besteht nach wie vor eine Wiederholungsgefahr. Es könnte dann zu einer einstweiligen Verfügung kommen, mit den entsprechend dargelegten – insbesondere finanziellen – Konsequenzen.
c) Die Unterlassungserklärung wird abgeändert „modifiziert“, die Zahlung verweigert
Sofern die Unterlassungserklärung entsprechend abgeändert wurde, kann zugewartet werden, ob der Abmahner die Rechtsanwalts- und Schadensersatzkosten gerichtlich geltend macht. Da nach Abgabe einer entsprechenden Unterlassungserklärung die Wiederholungsgefahr nicht mehr besteht, richtet sich der Gegenstandswert dann nach der geforderten Zahlungshöhe und nicht mehr nach dem „teureren“ Unterlassungsverlangen. Allerdings ist zu berücksichtigen: Da einer Abmahnung meist eine pauschale Vergleichszahlung zur Abgeltung der Ansprüche beiliegt, ist es möglich, dass die Forderung erhöht wird. Erklärt sich ein Abmahner also bereit, mit der pauschalen Zahlung von 500,00 € wäre die Sache erledigt, muss bei Nichtannahme des Vergleichs damit gerechnet werden, dass deutlich höhere Kosten klagweise geltend gemacht werden. Zudem können neben weiteren Anwalts-, Gerichts-, und gegebenenfalls Zeugenkosten nicht unerhebliche Fahrt- und Übernachtungskosten entstehen können. Wird die Zahlung gänzlich verweigert muss man also bis zur Verjährung der Forderung mit dem Risiko leben, dass bei einem Gerichtsverfahren die Kosten für einen Abgemahnten immens steigen.
d) Die Unterlassungserklärung wird abgeändert, bezüglich der Höhe der geltend gemachten Zahlung wird verhandelt:
Häufig werden für eine Abmahnung sehr hohe Streitwerte und eine sehr hohe Schadensersatzforderung zugrunde gelegt. Das Ziel in einer solchen Verteidigung besteht dann in der vergleichsweisen Aushandlung einer geringeren Zahlung, gegebenenfalls auch als Ratenzahlung. Der Vorteil einer solchen Lösung besteht darin, Rechtssicherheit zu schaffen und die Angelegenheit zeitnah zu beenden.
6. Vorgehensweise gegen eine offensichtlich unberechtigte Abmahnung
Trifft die mit der Abmahnung vorgebrachte rechtswidrige Handlung nicht zu, das bedeutet die Abmahnung ist offensichtlich rechtswidrig, bestehen folgende Handlungsalternativen:
a) Aussitzen
Die Abmahnung könnte komplett ignoriert werden. Hiervor ist dringend zu warnen, da die Abmahner davon ausgehen im Recht zu sein. Es könnte eine einstweilige Verfügung erwirkt werden, mit den obig dargelegten Konsequenzen. Gegen diese einstweilige Verfügung könnte sich zwar in einem Hauptsacheverfahren verteidigt werden, hinsichtlich des hohen Unterlassungsstreitwertes ist ein solches Verfahren regelmäßig kostenintensiv.
b) Schutzschriften
Zur Verteidigung gegen unberechtigte Abmahnungen können sogenannte Schutzschriften hinterlegt werden. Diese werden bei den Gerichten hinterlegt, bei denen eine einstweilige Verfügung beantragt werden könnte. In einer Schutzschrift werden dann die Gründe, weswegen die Abmahnung unberechtigt ist dargelegt und beantragt, nicht ohne mündliche Verhandlung die einstweilige Verfügung zu erlassen. Damit kann erreicht werden, dass der Abgemahnte vor Erlass einer einstweiligen Verfügung Gelegenheit bekommt, in der Sache Gehör vor Gericht zu finden. Sofern berechtigte Einwände gegen die Abmahnung vorgebracht werden, führt dies in der Praxis häufig dazu, dass der Antrag des Abmahners, die einstweilige Verfügung zu erlassen zurückgenommen wird. Da im Regelfall die Schutzschriften beim Landgericht hinterlegt werden – und dort Anwaltszwang herrscht, können Schutzschriften auch nur von Anwälten hinterlegt werden.
c) Negative Feststellungsklage
Durch eine negative Feststellungsklage kann der Abgemahnte aktiv gegen die Abmahnung vorgehen. Mit einer negativen Feststellungsklage kann gerichtlich geklärt werden, ob eine Abmahnung berechtigt ist oder rechtsmissbräuchlich. Der Abgemahnte schlüpft so in die aktive Rolle und geht gegen den Abmahner vor. Es obliegt dann zunächst dem Abmahner, seine vermeintlichen Ansprüche vorzutragen. Bei einem Obsiegen trägt der Abmahner die gesamten Kosten.
d) Gegenabmahnung
Unter Umständen kann eine Gegenabmahnung erfolgen. Ob eine Gegenabmahnung Sinn macht oder nicht stattdessen gleich eine negative Feststellungsklage erhoben wird, sollte sorgfältig im jeweiligen Einzelfall geprüft werden.
Bei unberechtigten Abmahnungen können die Kosten der eigenen Rechtsverteidigung häufig dem Abmahnenden auferlegt werden.
Exkurs: Abmahnungen wegen Nutzung von Tauschbörsen/Filesharing
Seit Einführung eines speziellen Auskunftsanspruchs im Jahr 2008 in das Urhebergesetz werden insbesondere durch darauf spezialisierte große Kanzleien zu tausenden Tauschbörsennutzer wegen Verstoß gegen das Urheberrecht abgemahnt. Die populären Tauschbörsen emule und Bittorrent werden hierfür nahezu lückenlos von spezialisierten Firmen überwacht. Diese ermitteln die IP-Adressen von Nutzern, die urheberrechtlich geschütztes Material verbreiten, wobei die Verbreitung in der Regel dann automatisch stattfindet, wenn man sich ein Werk selbst herunterlädt. Sobald die ersten Dateiteile auf der eigenen Festplatte sind, werden diese Daten an andere Nutzer weiter verbreitet.
Sobald die IP-Adresse des Teilnehmers einer solchen Tauschbörse bekannt ist, wird regelmäßig ein Auskunftsbeschluss beim Landgericht eingeholt, der eigene Internet-Zugangsprovider wird hiernach verpflichtet, den Inhaber des dazugehörigen Internetanschlusses zu benennen.
Sobald der Klarname des Anschlussinhabers bekannt ist, wird die Abmahnung ausgesprochen. Bei Abmahnung wegen Tauschbörsen ist folgendes zu beachten: Es sollte nicht vorschnell und unüberlegt die beigefügte Unterlassungserklärung abgegeben werden. Im Internet ist die Gefahr besonders groß, wiederholt gegen die Unterlassungserklärung zu verstoßen und damit die vereinbarte Vertragsstrafe auszulösen. Kommt es zu mehreren Verstößen, werden auch mehrere Vertragsstrafen fällig. Damit stellen Unterlassungserklärungen ein erhebliches Insolvenzrisiko dar:
Der Anschluss könnte über W-LAN von Fremden missbraucht werden. Auch den Anschluss benutzende Dritte wie Familienmitglieder oder Freunde, die „mal schnell mit dem eigenen Laptop“ Emails abrufen wollen, könnten Urheberrechtsverletzungen begehen, wenn ein entsprechendes Tauschbörsenprogramm installiert ist.
Weiter ist unbekannt, wie sich die Technik der nächsten Jahre entwickelt. Sicher ist, dass es immer mehr internetfähige Endgeräte geben wird. Ob zukünftig das Internet noch aus Kupferleitungen besteht oder gar per Funk, o.ä. funktioniert bleibt abzuwarten. Moderne Browser unterstützen zudem von Haus aus bereits Filesharingprogramme. Das bedeutet, klickt man selbst, Dritte oder die eigenen Kinder auf einen Link, könnte dieser ein Tauschbörsenprogramm automatisch starten. Was dann softwareseitig „Hinter den Kulissen“ geschieht, ist für Computernutzer meist nicht nachvollziehbar. In letzer Zeit ist es auch vielfach zu Abmahnungen wegen vermeintlicher „Straming-Software“ gekommen, da den Nutzern nicht bewusst war, dass es sich bei dem „Streaming“- Angebot tatsächlich um ein Bittorrent-Programm handelte, dass es lediglich gleichzeitig während des Up- und Downloads ermöglichte, den Film anzuschauen.
Selbst wenn ein Link im Internet vermeintlich legal erscheint, kann erst dann festgestellt werden, um was für eine Datei es sich handelt, wenn diese komplett auf den Rechner geladen wurde. Falls die Datei zukünftig überhaupt noch auf den eigenen PC geladen werden muss. Denkbar ist, dass Daten und Programme zukünftig auf zentralen Servern gespeichert und ausgeführt werden, das eigene Endgerät dient dann nur noch zur Eingabe und Darstellung – Stichwort Cloud Computing und Software as a Service.
Sonderfall: „German Top 100“ / Chartalben / „Poweruser“
Besondere Vorsicht ist geboten, wenn man eine Abmahnung aufgrund einer Urheberrechtsverletzung an einem sogenannten Chartcontainer oder eines Chartalbums erhält. Besonders die „German Top 100“, eine Datei die – wie der Name vermuten lässt – eine wöchentlich aktualisierte Hitparade darstellt – mit den 100 Top Hits. Da in der Datei 100 brandaktuelle Songs vorhanden sind, ist damit zu rechnen, dass es nicht bei einer Abmahnung bleibt. Häufig werden – unter Umständen auch durch die gleiche Rechtsanwaltskanzlei – die Urheberrechtsverstöße nach der Salami-Taktik abgemahnt: Erst wird die Urheberrechtsverletzung an Song 1 für Rechteinhaber A abgemahnt, nach ein paar Tagen oder Wochen dann die Urheberrechtsverletzung an Song 2 für Rechteinhaber B, schließlich die Urheberrechtsverletzung von Song 3 für Rechteinhaber C. Gleiches gilt bei aktuellen Chartalben, die ebenfalls häufig von Mehrfachabmahnungen betroffen sind.
Auch „Poweruser“, die eine Vielzahl an Filmen und Musikwerken durch intensive Nutzung von Tauschbörsen öffentlich zugänglich gemacht haben – und damit eine Vielzahl von Urheberrechtsverletzungen begangen haben – sind Mehrfachabmahnungen ausgesetzt. Hier sollte unbedingt durch einen Anwalt geprüft werden, ob es durch Abgabe sogenannter vorbeugender Unterlassungserklärungen oder die Erweiterung der ohnehin geforderten Unterlassungserklärung möglich ist, drohende weitere Abmahnungen zu verhindern.
9. Wie schütze ich mich vor Abmahnungen?
Die Nutzung von Tauschbörsen ist dringend zu unterlassen. Hinsichtlich aktueller Werke erfolgt eine fast vollständige Überwachung durch spezialisierte Firmen. Selbst wenn man vermeintlich legale Werke lädt, wie kostenlose Programme oder freie Musik, die von Künstlern selbst in Tauschbörsen eingestellt wurde, kann man sich nie sicher sein was letztlich heruntergeladen – und damit weiterverbreitet wird. Häufig befindet sich hinter dem Dateinamen nämlich eine ganz andere Datei, die nichts mit der gewollten Datei zu tun hat, also ein sogenannter „Fake“.
Der eigene Anschluss muss abgesichert sein. Sofern W-LAN verwendet wird, sollte der jeweils aktuellste Verschlüsselungsmodus genutzt werden. Sicherheitssoftware ist zu installieren. Von Filesharingprogrammen genutzte Ports sollten – wie alle nicht genutzten Ports – im Router deaktiviert werden. Der Router sollte passwortgeschützt sein. Sofern Kinder im Haus leben oder Dritte Zugang zum Anschluss haben, sollten diese aufgeklärt und bei Nutzung des Internets überwacht werden. Bei minderjährigen Kindern kann es sinnvoll sein, Benutzerkonten einzurichten um die Installation von Tauschbörsensoftware zu verhindern. Die Rechtsprechung setzt an die Absicherung von Internetanschlüssen teilweise sehr hohe Anforderungen. Es ist daher gegebenenfalls ein Fachmann – auch gegen Bezahlung – zu beauftragen.
Im Internet sollten auch keine fremden Bilder benutzt werden. Alles, was nicht selbst gefertigt wurde, darf im Zweifel nicht veröffentlicht werden. Hinsichtlich Bildrechten wird das Internet durch spezialisierte Firmen auf Verstöße systematisch durchsucht. Auf Ihrer Homepage sollten nur Bilder genutzt werden, die selbst erstellt wurden oder wenn die entsprechenden Lizenzen – schriftlich – vorliegen.
Das Gleiche gilt für Foren und Blogs und Verkäufe bei Ebay & Co. Fremde Bilder dürfen dort nicht verwendet werden, auch wenn es einfach und praktisch erscheint, das passende Bild schnell im Internet zu suchen statt selber eins zu fertigen. Beim Verkauf von CDs über das Internet ist zu beachten, dass es sich um Originale, die im europäischen Wirtschaftsraum mit Zustimmung des Rechteinhabers in Verkehr gebracht wurden handeln muss. Sogenannte „Grauimporte“ aus außereuropäischen Ländern oder gar Raubkopien dürfen nicht angeboten werden.
Sofern Sie nicht alleiniger Nutzer Ihres Anschlusses sind – sondern diesen als „Familienanschluss“ nutzen, als Vermieter bereitstellen ist es sinnvoll, sich zumindest durch alle Nutzer (Kinder, Verwandte, Mieter) schriftlich bestätigen zu lassen, dass diese darauf hingewiesen wurden, keine Verstöße gegen das Urheberrecht zu begehen. Dies schützt zwar nicht vor Abmahnungen, aber zumindest der Nachweis einer Belehrung kann erfolgen.
10. Fazit:
Mit Unterlassungserklärungen ist vorsichtig umzugehen. Bevor man sich mit einer Unterlassungserklärung unterwirft, sollte nicht nur die Unterlassungserklärung, sondern auch die eigene Situation überprüft werden. Danach ist zu beurteilen, ob noch weitere Abmahnungen folgen könnten und ob zukünftig ausgeschlossen werden kann, dass es zu erneuten Rechtsverstößen kommt. Dies ist bei Abfassung einer Unterlassungserklärung zu berücksichtigen, damit sich ein Abgemahnter nicht unnötig zu weitgreifend verpflichtet – mit dem dadurch gesteigerten Risiko zukünftig gegen den Unterlassungsvertrag zu verstoßen.
Wenn bei eigenmächtiger Abänderung der Unterlassungserklärung Fehler gemacht werden, entfällt die Wiederholungsgefahr nicht. Es droht eine einstweilige Verfügung.
Ob und wie gegen eine Abmahnung vorgegangen wird, ist im Einzelfall zu klären.
Die Fristen einer Abmahnung sind zu beachten und sollten nicht untätig verfallen.
Anwaltlicher Rat bei einer Abmahnung ist zwar nicht kostenlos, aber meist auch nicht umsonst.
11. Rückblick/Aktuell 2013/2014
Nach nunmehr über 6 Jahren mit intensiver Auseinandersetzung mit Abmahnungen – und hunderten Verfahren - scheint sich insbesondere bei Tauschbörsenabmahnungen viel zugunsten des Anschlussinhabers gewendet zu haben.
Der BGH hat durch Urteil vom 17.11.2012 „Morpheus“ festgestellt, dass eine Haftung von Eltern entfallen kann, wenn minderjährige Kinder für die Urheberrechtsverletzung verantwortlich sind und entsprechend belehrt wurden.
Gleichwohl würden die Kinder allerdings selbst haften, wenn sie die entsprechende Einsichtsfähigkeit bzw. Reife haben. Ob die Unterhaltungsindustrie tatsächlich gegen die Kinder vorgeht wäre nicht nur eine moralische Frage, sondern ist auch praktisch mit erheblichen Problemen verbunden. Ob nämlich eine Einsichtsfähigkeit vorlag, müsste vom Abmahner nachgewiesen werden – was praktisch nur über ein teures Gutachten möglich ist. Es müsste also viel Geld investiert werden – das bei minderjährigen Kindern vermutlich die nächsten Jahre nicht vollstreckt werden kann. Hinzu kommt eine ethische Komponente, denn ein erfolgreicher Medienkonzern wird sich fragen müssen, ob es sinnvoll ist mit den Kindern von heute die Konsumenten von morgen zu verklagen.
Verschiedene Gerichte, zuletzt in Hamburg und Köln haben die Haftung für volljährige Familienmitglieder ebenfalls abgelehnt. Allerdings würden diese – sofern als Täter bekannt – natürlich selber haften.
Mit Urteil des BGH vom 08.01.2014 (Az. I ZR 169/12) „Bearshare“ hat die für Urheberecht zuständige Kammer ausgeführt, dass es dann keine – ansonsten nach der Rechtssprechung des BGH grundsätzlich bestehende - Anscheinsvermutung dahingehend besteht, dass ein Anschlussinhaber Täter einer Rechtsverletzung ist, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung auch andere Personen den Anschluss genutzt haben.
Damit wird es in vielen Fällen für den Abmahner schwieriger werden als bislang, insbesondere die hohen Schadensersatzforderungen durchzusetzen.
Auch das im Oktober 2013 eingeführte „Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken“ und den damit verbundenen Änderungen im Urheberrecht scheint erste Wirkungen zu entfalten: Seit dem ist bei Urheberrechtsverletzungen im Internet der fliegende Gerichtsstand erheblich eingeschränkt wurden und nunmehr – insbesondere bei Verbrauchern – das Gericht an derem Wohnort zuständig.
Dort sind bislang eher wenig Klagen zu beobachten – ob sich die abmahnenden Kanzleien noch „sammeln“ und organisieren, um eine entsprechende Klagelogistik vor Ort aufzubauen, bleibt für die Zukunft jedoch spannend.
Viele Mandanten haben sich zur Risikominimierung oder aus persönlichen Gründen geeinigt und verglichen. Für sie ist die Angelegenheit erledigt.
Wer sich nicht verglichen hat, wurde über die Jahre mit weiteren Zahlungsaufforderungen, Androhungen des gerichtlichen Verfahrens und höheren Forderungen bedacht. Gerne auch durch weitere Schreiben von Inkassobüros und auch durch gerichtliche Mahnbescheide.
Viele Forderungen sind zwischenzeitlich verjährt. Klagen gab es auch, bei denen sich entweder doch noch zur Risikominimierung verglichen wurde – oder die zugunsten unserer Mandanten ausgingen.
Einen „Königsweg“ bei Abmahnungen aufgrund Verstoßes gegen das Urheberrecht gibt es daher nach wie vor nicht.
Wenn Sie eine Abmahnung erhalten haben, stehe ich für ein unverbindliches telefonisches Erstgespräch – in welchem ich Ihnen die verschiedenen Möglichkeiten des weiteren Vorgehens schildern kann - gerne zur Verfügung.
12. Rückblick Aktuell 2014/2015
Im Jahre 2014 hat die Anzahl der Abmahnungen wegen Urheberrechtsverletzungen nach unserem Empfinden durch viele damit beschäftigten Kanzleien leicht nachgelassen.
Dem gegenüber steht allerdings eine vermehrte Anzahl an Klagen. Dabei ist festzustellen, dass Klagen aufgrund von Urheberrechtsverletzungen vor allem häufig dann geführt wurden, wenn zuvor die Angelegenheiten mit einem gerichtlichen Mahnbescheid verfolgt wurden und diesem nicht fristgemäß widersprochen wurde.
Sofern erst gegen einen Vollstreckungsbescheid Einspruch eingelegt wird, werden die streitigen Angelegenheiten regelmäßig an die Gerichte abgegeben, so dass es automatisch zu einem (Gerichts-)Verfahren kommt.
Nach qualifizierter Erwiderung auf eine erhaltene Klagschrift sind allerdings viele Verfahren positiv für unsere Mandanten ausgegangen, da die Klagen zurückgenommen wurden. In einigen Fällen konnte auch noch ein Vergleich ausgehandelt werden, um das Risiko einer weiteren streitigen gerichtlichen Auseinandersetzung zu minimieren.
Auch für das Jahr 2015 rechnen wir damit, dass die Anzahl der Abmahnungen aufgrund von Urheberrechtsverletzungen wegen Filesharing in bittorrent-Tauschbörsen eher rückläufig sind und dafür es zu einer vermehrten Anzahl von Klagen kommt, mit denen Rechteinhaber versuchen, ihre Forderungen durchzusetzen.
Da je nach Gerichtsort unterschiedliche Maßstäbe an die Darlegungslast in einem Gerichtsverfahren bestehen, sollte, sofern ein Gerichtsverfahren anhängig ist, unbedingt ein Rechtsanwalt hinzugezogen werden.
Wenn Sie eine Abmahnung erhalten haben, stehe ich für ein unverbindliches telefonisches Erstgespräch – in welchem ich Ihnen die verschiedenen Möglichkeiten des weiteren Vorgehens darlegen kann – gerne zur Verfügung.
13. Rückblick/aktuell 2015/2016
Im Jahre 2015 ist nach unserem Empfinden die Anzahl der Abmahnungen wegen Urheberrechtsverletzungen wieder gestiegen.
Der Grund ist, dass es viele neue Angebote wie Popcorntime, Cuevana u.a. mit zahlreichen weiteren Clonen das Internet eroberten. Bei diesen Programmen handelt es sich allerdings um Bittorrent-clients, mit dem Unterschied, dass diese die Daten aus dem Bittorrent-Netzwerk mehr oder minder in chronologischer Reihenfolge herunterladen. Man kann also ein Filmwerk – ähnlich wie ein Streaming oder ein Video on demand direkt ansehen.
Tatsächlich werden aber, wie es bei Bittorrent-Netzwerken üblich ist, die bereits heruntergeladenen Teile des Filmwerke allen anderen Nutzern im Bittorrent-Netzwerk öffentlich zugänglich gemacht.
Es handelt sich also nicht um ein Streaming-Angebot, sondern um eine ganz normale Tauschbörse, die in dem entsprechenden P2P-Netzwerk Daten herunterlädt und verbreitet.
Für Nutzer ist dies häufig so nicht ersichtlich. Vorsicht ist daher immer bei Angeboten angesagt, bei denen man sich Software installieren muss, um einen Film zu schauen, wenn man sich nicht sicher ist, dass diese Software tatsächlich ein Filesharing-Programm ist.
Auch die Anzahl der Gerichtsverfahren ist im Jahre 2015 noch etwas gestiegen. Allerdings konnten wir bislang gute Ergebnisse erzielen:
Von den hier bislang geführten gerichtlichen Auseinandersetzungen haben wir 78 Prozent zu Gunsten unserer Mandanten abschließen können, bei 22 Prozent wurden Vergleiche geschlossen, die deutlich unter der ursprünglich eingeklagten Hauptforderung lagen.
Auch wenn wir also im Jahre 2015 kein einziges Filesharing-Verfahren verloren haben, sind die Verteidigungsaussichten doch immer am Einzelfall zu prüfen, es bleibt auch abzuwarten, inwieweit die neueren Entscheidungen des Bundesgerichtshofes, dessen Entscheidungstext jetzt seit Dezember 2015 vorliegt, Einfluss auf die künftigen Verfahren nehmen werden.
Wenn Sie eine Abmahnung oder Klage wegen einer Urheberrechtsverletzung erhalten haben, stehen wir Ihnen gerne mit unserem Rechtsrat zur Seite.